Werkschau Kunstepoche

Werkschau der Künstlerisch-Praktischen-Epoche

9. & 10. Klasse der  2006/07 der Freien Waldorfschule Kreuzberg

Töpfern: Keramikwerkstatt von Kunstlehrerin Maica Evers

Die Gruppenfotos mit den großen Vasen zeigen Gemeinschaftsprojekte aus der Töpferwerkstatt – da heißt es allerdings noch abwarten, bis sie ganz trocken sind, und Daumen drücken, dass sie den ersten Schrühbrand heil überstehen.

Töpferei-Epoche: Erde, Wasser, Luft und Feuer

„Das experimentelle und übende Arbeiten in einem der ältesten Urhandwerke der Menschheit, wie das Töpfern, bildet eine wesentliche Grundlage für das praktische Verstehen und kognitive Begreifen unserer heutigen Welt.“

In der Töpferei-Epoche begeben wir uns zunächst auf die Spuren der semi-sesshaften Jäger und frühbäuerlichen Menschen der Jungsteinzeit. Denn kaum war das Geheimnis des Feuers erkannt und angewandt, begann der Mensch wohl mit seinen ersten Experimenten Erde und Feuer zu „verbinden“. War es ein kreativer Zufall oder ein frühes Beispiel für den menschlichen Forschergeist, Erde (Ton/Lehm) mit Wasser zu vermischen, um Figuren und Gefäße daraus zu formen und sie anschließend trocknen zu lassen?

Die große Leistung aber war es, aus dem weich formbaren Erdklumpen unter der hohen Hitze eines gewaltigen Feuers von mindestens 450 Grad Celsius ein hartes, dauerhaftes Material herzustellen, das bei der Vorratshaltung von Nahrungsmitteln eine existentielle Rolle spielte.

Die keramische Produktion von der Jungsteinzeit bis in unsere hochtechnologische Zeit birgt so manch unerwartete Überraschung, wie beispielsweise das keramischen Schutzschild der Space-Shuttle.

Grundlegende Einführung in die unterschiedlichen Anwendungen und Eigenschaften der Tone gibt die Materialkunde. Tone sind Verwitterungsprodukte des Feldspats, ein Silikat-Mineral, das einen wesentlichen Bestandteil unserer Erde bildet. Die Farbe des Tones wird bestimmt durch die zusätzlichen Stoffe wie Eisenoxyde, Glimmer oder Kalk.

Die Schüler erhalten eine fertig aufbereitete „rote“, eisenoxydhaltige grobkörnige, oder „weiße“, sehr reine, Tonmasse. Diese Masse muss lediglich mit Wasser gründlich durchgeknetet werden, bis sie schließlich formbar ist.

Nach dem Bekanntmachen der unterschiedlichen Aufbautechniken entwirft jede/r Schüler/in die individuelle Produktion eines Tee- oder Kaffeeservices.

Dabei spielen die grundsätzlichen Fragen des Produktdesigns von Form und Funktion eine wichtige Rolle:

Was ist eine wirklich schöne Form? Was ist Kunst und was ist Kitsch? Gibt es eine allgemeingültige Regel für Schönheit? Welche Rolle spielen die Funktion und die handwerkliche Sorgfalt? Warum muss ich noch eine zweite Tasse machen?

Der Schrühbrand zeigt schonungslos, wie sorgfältig gearbeitet wurde, da unter den hohen Temperaturen schon eine kleine Luftblase im Ton das Gefäß bersten lässt.

Auch der letzte Arbeitsgang, der Auftrag einer farbigen oder transparenten Glasur, birgt noch ein letztes Geheimnis: Den Farbton, der erst nach dem Brand bei über 1000 Grad zum Glanze kommt. Erst jetzt ist das Gefäß wasserdicht und darf, mit Handwerker- und Künstlerstolz, mit nach Hause genommen werden.

Einige Beispiele präsentierten wir in unserer Ausstellung vor der neuen Schulkantine.

Die Abschlussarbeit ist eine Bodenvase für die Schulgemeinschaft, die in Gruppenarbeit und in „freien Töpferwerkstätten“ arbeitsteilig von den Schülern produziert wurde. Noch ist keine Vase während des Trocknungsvorganges gerissen. Aber erst der Schrühbrand, wie wir gelernt haben, bringt die Wahrheit ans Licht! Also, Daumen drücken!

(Text von Maica Evers, fwsk)